Ökostrom zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Das Problem mit „Dunkelflauten“ und der Gleichzeitigkeit

Ein Vortrag bei der CDU-Ortsunion Diestedde zum Thema „Wie weit sind wir in der Gemeinde Wadersloh mit der Versorgung durch regenerative Energie?“ hatte kürzlich ein so großes Echo gefunden, dass der Vorstand der Wadersloher Ratsfraktion die Referenten Hendrik Keitlinghaus und Dr. Torsten Winkelnkemper, Mitglieder des NKN-Klimanetzwerkes Energie, bat, ihre Präsentation für die Fraktion und weitere Interessierte zu wiederholen. Neben dem Bürgermeister und Verwaltungsmitarbeitern waren daher auch Ratsmitglieder aus der FWG, FDP und SPD eingeladen. Der Ratssaal war sehr gut besucht und es fand anschließend auch eine interessante Diskussion statt.

Der Selbstversorgungsgrad der Gemeinde liegt dank der zu 90% rund um Diestedde errichteten Windkraftanlagen und des Ausbaus an Photovoltaik im gesamten Gemeindegebiet 2023 etwa bei 100% (2020 erst 83%). Aber so dürfe man nicht rechnen, erklärten Hendrik Keitlinghaus und Dr. Torsten Winkelnkemper in ihrer Funktion als Mitglieder der Arbeitsgruppe Energie des Wadersloher Netzwerks Klimaschutz und Nachhaltigkeit (NKN): Erzeugter Strom, der nicht in derselben Sekunde benötigt wird, fließt aus dem Wadersloher Stromnetz heraus und kann nicht wieder zurückgeholt werden.
Rudi Luster-Haggeney und Klaus Grothues bedankten sich mit Herbstblumensträußen bei Dr. Torsten Winkelnkemper (links) und Hendrik Keitlinghaus für den aufschlussreichen Bericht zur Versorgung mit regenerativem Strom in Wadersloh. Rudi Luster-Haggeney und Klaus Grothues bedankten sich mit Herbstblumensträußen bei Dr. Torsten Winkelnkemper (links) und Hendrik Keitlinghaus für den aufschlussreichen Bericht zur Versorgung mit regenerativem Strom in Wadersloh.
Übermengen an sonnen- oder windreichen Tagen dürfe man deswegen nicht einfach aufaddieren und mitrechnen. Der reale Selbstversorgungsgrad in der Gemeinde beträgt 2023 daher nur 59%. Das bedeutet, dass viel Energie nicht in Wadersloh genutzt werden kann.
Auch mehr E-Autos würden die Bilanz kaum verbessern. Dies wurde an Charts zu den Verbräuchen mit Daten der Westnetz zur Erzeugung und zum Verbrauch für das Jahr 2020 sehr eindrucksvoll dargestellt.
Weiterer Zubau ohne Speicher und Verschiebung der Verbräuche erhöhe zwar die Überschüsse, aber nicht wesentlich den Selbstversorgungsgrad. Zur Überbrückung längerer „Dunkelflauten“, wie sie auch in Wadersloh jährlich nicht nur im Winter öfter vorkommen, hilft weiterer Zubau von PV und Windrädern eher wenig. Deshalb muss der Fokus bei der Energiewende künftig auf mindestens drei weitere Säulen umjustiert werden.
1. Speicherung von Übermengen
2. Verschiebung der Verbräuche in die Erzeugungszeiten
3. Ladeinfrastruktur für E-Autos so ausbauen, dass jedes E-Auto tagsüber irgendwo an das Netz angeschlossen werden kann.
Generell gilt natürlich: Energie sparen, Verbräuche senken!

Auch den Bürgerinnen und Bürgern selbst kommt eine Schlüsselrolle zu. Sie beeinflussen letztlich durch ihr Verhalten den Nutzungsgrad regenerativ erzeugter Energien. Denn ob und wann wie viel Energie verbraucht wird; ob die nicht vielleicht auf dem eigenen Dach erzeugt werden kann oder gekauft werden muss, wird hier entschieden.

Festgestellt wurde aber auch, dass wir auf lange Zeit noch auf konventionell erzeugte Energie angewiesen sein werden, um die Energiesicherheit zu gewährleisten. Leider müssen wir in Zeiten der Dunkelflauten sogar einen so großen Kraftwerkspark vorhalten, dass er unseren gesamten Verbrauch abdecken kann. Das wirft die Frage nach der Wirtschaftlichkeit auf: Wie lange können wir uns doppelte Erzeugungskapazitäten leisten? Eine für das gute Gefühl, die andere für die Sicherheit.
Bei der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass ein maßvoller Zubau regenerativer Energieerzeugung durchaus Konsens war, insbesondere in Verbindung mit Eigenverbrauch, aber ohne Maßnahmen zur Speicherung und zur Verlagerung des Verbrauchs uns beim Ziel der Energieautarkie nicht weiterbringen.